Früher spielten sie in Offenbach als Support für Rage in der Hafenbahn, heute füllen sie die größten Hallen weltweit. Die Entwicklung von Nightwish ist erstaunlich und belegt einmal mehr die These, dass sich Klasse doch durchsetzt. Viele prophezeiten der Band nach der Trennung von Frontfrau Tarja Turunnen das Aus. Doch die Band belehrte die Kritiker eines Besseren und belegte mit dem aktuellen Release „Dark Passion Play“ nicht nur in Deutschland auf Anhieb Platz 1. Zu Tarjas Zeiten gab es genauso viele Skeptiker wie jetzt auch bei Anette. Das änderte an diesem Abend aber auch nichts daran, dass die Jahrhunderthalle restlos gefüllt war mit einem durchaus gemischtem Publikum, die vermutlich außer Nightwish nicht allzu viel mit Metal am Hut haben dürften.
Beim ersten Act des Abends namens Krieger befanden wir uns noch am Getränkestand und genehmigten uns ein Bierchen. Pain wollten wir uns jedoch auf keinen Fall entgehen lassen und so waren wir pünktlich zu deren Start in der Halle. In den folgenden knapp 45 Minuten kam die Extraklasse der Schweden vollends zum Vorschein. Frontmann und Bandgründer Peter Tägtgren dürften allen Freunden von schwermetallischer Mucke ein Begriff sein, brilliert der Sänger doch auch Hypocrisy. Was er jedoch hier mit seinem Mix aus Elektro und Gothic Einflüssen darbot, dürften zumindest allen Metalfreunden in der Halle die Freudentränen in die Augen getrieben haben. Ein fantastischer Sound, der gepaart mit den atmosphärischen Songs der ideale Einheizer für Nightwish darstellte. Von der neuen Scheibe „Psalms Of Extinction“ imponierte insbesondere ,Nailed To The Ground’, das vor allem im Chorus den Finnen von Lordi alle Ehre macht. Ansonsten begeisterte die Band mit allseits bekannten Hits wie dem famosen ,Same Old Song’ (mit das Highlight des Abends), dem eingängigen ,Shut Your Mouth’ oder auch ,Just Hate Me’. Alles in allem ein fantastischer Auftritt von Pain, der uns rundum begeisterte, auch wenn einige Zuschauer damit nicht allzu viel anfangen konnten, was jedoch auch der bereits erwähnten Zusammenstellung des Publikums lag.
Nach den Umbauarbeiten und durchaus ordentlicher Wartezeit gingen die Lichter aus und Nightwish betraten unter tosendem Applaus die Bühne. Das Bühnenbild stand im Zeichen des neuen Albums, dessen Cover als riesige Leinwand von der Decke hing und durch Strahler von hinten beleuchtet wurde, was sehr imposant rüberkam und auch die Wellenbewegungen des Cover durch ein wenig Wind sehr gut vermittelte. Nightwish starteten die Show mit ,Bye Bye Beautiful’, dass gleich die Stimmgewalt von Marco über die Halle hereinbrechen ließ und Anette erst mal nicht so richtig forderte. Weiter ging’s mit ,Candence Of Her Last Breath, ebenfalls von der aktuellen Scheibe, bei dem die Schwedin schon etwas mehr agierte, sodass man sich von der stimmlichen Qualitäten der Frontfrau schon einen besseren Eindruck machen konnte. Über den ganzen Abend gesehen, war der Gesang der Frontfrau ordentlich, wenn auch nicht überragend. Über die viel spekulierte Frage, wie singt sie die Tarja Songs, konnte man auch an diesem Abend keine definitive Aussage treffen., Auf der einen Seite merkte man deutlich, dass beispielsweise ein Stück wie ,Dark Chest Of Wonders’ nicht ideal für sie ist, da hier auch einige Parts anders gesunden worden, auf der anderen Seite interpretierte sie Songs wie den Chartstürmer ,Nemo’ oder auch ,Wish I Had An Angel’ wirklich sehr gut. An der Performance kann die Schweden mit Sicherheit noch ein wenig arbeiten. Sie hüpfte sehr viel über die Bühne und erinnerte manchmal mehr an Pippi Langstrumpf als eine Metal Lady. Aber auch eine Tarja Turunnen war nicht von Anfang an so souverän auf der Bühne, von daher sollte man der Schwedin hier auf alle Fälle eine gewisse Zeit zugestehen. Symphatisch kam sie auf jeden Fall rüber. Ihre Art, dass Publikum zu grüßen („Hallo Frankfurt, wie geht es Ihnen, alles gut?“) kam fast schon goldig rüber.
Die Songauswahl der Band beschränkte sich an diesem Abend überwiegend auf die letzten Alben, was vor allem für Nightwish Fans der ersten Stunde ein wenig schade war. Von der älteren Stücken kam lediglich das obligatorische ,Wishmaster’ sowie ,Slaying The Dreamer’ zum Einsatz. Am meisten abgefeiert wurden natürlich die Singleauskopplungen wie ,Nemo’, Amaranth’ ,Wish I Had An Angel’ und ,Bye Bye Beautiful. Sehr majestätisch kam vor allem der Übertrack der aktuellen Scheibe ,The Poet And The Pendulum’ rüber, bei dem vor allem die eingespielten Orchesterpassagen sehr imposant in Erscheinung traten. Anmutige Songs wie ,Sahara’ sowie das epische ,The Siren’ trugen ihren Teil zu der starken atmosphärische Show bei. Von den Balladen kam lediglich ,The Islander’ zum Einsatz, welche durch Marcos Gesang Gänsehautfeeling verursachte und mit ein Höhepunkt der Show darstellte. Auf ,Sleeping Sun’ wartete man leider vergebens.
Die Show an sich war gespickt mit Pyroeffeketn, bei ,Nemo’ kamen sogar die Schneeflocken vom Hallendach herunter. In dieser Hinsicht fackelte die Band ein wahres Feuerwerk ab, sodass die Zuschauer hier voll auf ihre Kosten kamen.
Nach 90 war es vorbei mit der Herrlichkeit und die Band verließ unter Beifall der Zuschauer die Bühne. Alles in allem war es das Eintrittsgeld wert. Dies lag zum einen an dem glänzenden Support Pain, zum anderen aber auch an der spektakulären Show des Headliners, der eindrucksvoll bewiesen hat, dass nach Tarjas Abgang noch längst nicht das Ende aller Tage erreicht ist.
Oliver Bender