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Mai 2004

Gluecifer - Irgendwie...Hardcore

Am späten Nachmittag des Konzertes von Gluecifer in Wiesbaden wurde dieses Interview geführt. Für die Skandinavier äußerte sich Sänger Biff Malibu...

Ihr sei mit Monster Magnet auf Tour, als erste Vorband, wie läuft die Tour denn bisher?

Bisher ist es seht genial gelaufen. Ich denke es sind drei verdammt coole Livebands auf der Tour. Jeden Abend haben wir viel Spaß auch die Bands untereinander.

Wie sind die Besucherzahlen?

Es war fast jede Show völlig ausverkauft.

Ihr habt jetzt eigentlich freie Tage zwischen einigen Auftritten, trotzdem spielt ihr dann alleine Konzerte, warum?

Wir tun das für uns, weil es uns Spaß macht aufzutreten, aber gerade hier in Deutschland gibt es viele Leute, die vielleicht nur einen Gluecifer Auftritt sehen wollen, nicht aber Monster Magnet. So können die Besucher nur uns sehen, zahlen aber auch weniger. Außerdem langweilt man sich an den Day-offs schon ein wenig.

Wie lange spielt ihr auf der Haupttour und wie lange heute Abend?

Bei den Monster Magnet Auftritten spielen wir 45min, was schon ziemlich cool ist. Immerhin sind es drei Bands und es genügt uns auch. Heute spielen wir 11/4h.

Warum spielt ihr denn nicht noch einmal eine Headlinertour wie vor zwei Jahren?

Wir haben, wie du sagst, bei der Veröffentlichung des letzten Albums etwa 20-25 Shows plus Festivals in Deutschland gespielt. So hatten wir es auch dieses Mal geplant, aber dann ergab es sich eine Tour mit Monster Magnet spielen zu können, und wir sagten Cool, lass uns doch mal so etwas probieren. Wir spielen vor einem größeren Publikum, erreichen einige neue Leute und zudem ist die Band eine tolle Truppe. Dann noch die Einzelgigs und einige Festivals im Sommer.

Genug getourt, euer neues Album "Automatic Thrill" brachte als erste Assoziation bei mir die Kombination gerade heraus oder direkter hervor. Ist das ein Tribut an einige Kritiker, die das "Basement Apes" Album zu soft fanden?

Nein, nicht wirklich. Wir denken über so etwas nicht nach. Aber wenn man sich den Vorgänger anhört merkt man, dass er in sehr vielen verschiedenen Phasen der Band geschrieben wurde. Z.B. „Easy Living“ oder „Black Book Lodge“ sind sehr straighte Rocksongs. Aber es sind eben auch sehr viele Melodien und Harmonien für das Album verwandt worden. Wir dachten nachdem „Ridin The Tiger“, „Soaring With Eagles...“ und„Tender Is The Savage“ irgendwie gleich oder ähnlich klangen, müssten wir jetzt etwas neues machen. Es war vielleicht etwas zu viel an neuem auf diesem Album, da durchaus auch Pop-Harmonien vertreten waren. Bei dem neuen Teil dachten wir uns lasst uns das beste aus der „Basement...“ Zeit nehmen und ein fette Rock Aufnahme zu machen. Es sollte irgendwie... souverän (sagt es auf deutsch – Verf.) klingen, auch reifer vielleicht.

Ihr habt auf dem Album zwei bemerkenswerte Songs 'Shake Me So Bad' und 'Here Comes The Pigs', die meiner Meinung nach eine neue Seite an Gluecifer aufzeigen. Sie sind mit keiner anderen Phase in der Bandgeschichte zu vergleichen, was wurde bei den Aufnahmen oder dem Songwriting anders gemacht?

'Here Comes The Pigs' begann mit dem Bassriff, das stand zuerst und wir begannen dann den Song um dieses Riff herum aufzubauen. Anstatt von der Gitarre gab es hier der Tieftöner den Song vor. Er ist zwar sehr einfach strukturiert, aber er läuft und passt. Es liegt wohl auch an dem Groove den dieser Song ausstrahlt, was uns vorher nicht so gut gelungen war.

Auch 'Shake Me So Bad' wurde um ein Gitarrenriff herum aufgebaut. Wir haben hier dieses Schema von Strophe-Refrain-Strophe-Refrain dann vielleicht eine Bridge hin zu einem Solo und dann doppelter Refrain versucht aufzubrechen, es hat einfach nur dieses Riff (beginnt den Zentralen Riff nachzusummen – Verf.), der auch irgendwie etwas seltsam klingt. Er ist aus Triolen aufgebaut und als wir ihn zum ersten Mal hörten sagten wir, hey lass uns versuchen einen Song darum aufzubauen. Sie unterscheiden sich etwa von 'Put Me On A Plate', das mehr traditionell aufgebaut ist.

Der Titelsong gleich zu Beginn des Albums ist viel härter als der Rest der Platte, war es Absicht ihn direkt dort zu platzieren?

Es war eigentlich klar, dass wir diesen Song nehmen mussten, um in das Album einzusteigen. Er hat dieses Intro, um in die gesamte Scheibe zu finden und wenn man ihn hört denkt man, wie du auch sagst, „Wow“! Es ist der perfekte Einstieg, einerseits hast du recht wenn du sagst, dass er nicht unbedingt repräsentativ für das Album ist, andererseits passt er doch. Er hat den Sound, die Produktion und den ganzen Kram.

Würdest du zustimmen, wenn ich sage, dass ihr euch von einer punkbeeinflussten Rock'n'Roll Band zu einer High Energie Rock Band mit modernen als auch traditionellen Einflüssen gewandelt habt?

Als wir mit der Band begannen, hörten wir alle AC/DC und versuchten die Dinger der Siebziger in punkigem Speed und mit derselben Attitüde zu spielen. Heute spielen wir das Ganze nicht mehr so punkig, eher mit mehr Power, nicht mehr so kratzig und rau. Wir können jetzt besser spielen und auch Songs schreiben, und vielleicht sind wir auch selbstsicherer geworden. Wir wollten keinen Retrosound auf dem Album haben, sondern die Möglichkeiten der modernen Musikproduktion ausschöpfen. Wir wollten einen qualitativ guten Sound mit unserer Musik verbinden.

Ihr habt zu dem neuen Song 'Hear A Call From The Other Side' ein Video aufgenommen. Was war euer Ziel als ihr es gedreht habt?

Wenn man ein Video macht dann ist das...

Macht es Spaß gemacht ein Video zu drehen?

Es besteht hauptsächlich aus herum sitzen und warten, aber wenn man sich Gedanken über die Art des Videos und die Umsetzung macht, das ist wirklich interessant. Aber immer wenn man ein Video macht, hofft man darauf das es möglichst viele Leute anschauen und es mögen. Man muss es einfach machen... Die Reaktionen darauf sind bisher auch sehr gut. Ich denke, dass der schwedische Typ, der es gedreht hat sehr talentiert ist. Insgesamt bin ich aber immer noch froh, dass wir mehr Shows spielen als Videos drehen.

Wohl wahr. Eure Kritiker kommen in Deutschland fast ausschließlich aus dem Lager der alternativen Magazine, während die eher traditionellen Rock und Heavy Metal Magazine euer neues Album ausgereift und stark finden. Woran liegt das?

Ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum das gerade so läuft, aber wir haben jetzt fünf Alben aufgenommen, aber ich denke das die alternativen Magazine mehr nach neuen Bands suchen und nicht hundertfach über dieselbe Truppe berichten wollen. Es ist auch ihre Aufgabe nach neuem zu suchen, die Szene vital zu halten. Aber ich kann daran nichts ändern und es interessiert mich auch nicht, ob sie uns gut oder schlecht finden. Es ist immer schön gute Besprechungen zu erhalten, aber egal ob gut oder schlecht, tendiere ich dazu sie schnell zu vergessen.

Die LP Version des Albums, welche anzuraten ist, wenn abspielen möglich, hat ein anderes Cover und einen Bonussong 'Speedfoot' vorzuweisen. Ist es ein Coversong?

Nein es ist kein Cover, sondern ein eigener Song. Das andere Frontcover des Albums ist im inneren der CD Version ebenfalls vertreten. Wir fanden es einfach cool es zu benutzen, um die LP weiter aufzuwerten, außerdem ist es irgendwie... Hardcore. ‚Speedfoot‘ ist ein Song den ursprünglich auf dem Album hatten, ihn dann aber wieder herunter nahmen, da er nicht wirklich auf das Album als ganzes passte. Es ist dennoch ein guter Song. Darum sagten wir, komm setzen wir ihn an das Ende von Seite eins der Schallplatte... (Aha - Verf.). ‚Speedfoot‘ ist auch ein Poprock Song mit catchy Refrain und einfachen hooky Gituars. Einfach ein kleiner Rocksong.

Ihr habt fünf Alben veröffentlicht, welches ist das beste, welches des schwächste und warum?

Ich denke das neueste ist das Beste, aber wenn ich das nicht täte, wäre ich wohl verrückt, da ich niemals ein Album veröffentlichen könnte von dem nicht glaube es sei das beste. Das schwächste...ich weiß nicht, ich höre selten unsere alten Sachen, aber das Album, das am schwierigsten in der Entstehung war, ist definitiv das "Tender Is The Savage" Album, da es damals sehr viele harte Situationen für die Band gab. Es herrschte Streit mit unserem Label und unserem damaligen Bassspieler. Da waren Momente, wo man sich fragte warum machst du das überhaupt...

Da fällt mir gerade ein, auf dem Album ist ein Song mit dem Titel 'Rip-Off Street', auf dem Backcover des Albums steht allerdings der Name 'Rip-Off Straße'. Weshalb?

(lacht) Es ist nur eine kleine verrückte Geschichte. Wir spielten zum ersten Mal in Paris und Poon oder einer der anderen wollte unbedingt etwas essen und geriet auf der Suche in das Quartier Latin, direkt am Ufer der Seine. Mitten in ein riesiges Touristenviertel und bekam auch irgendwelches beschissenes Essen. Er war sehr angewidert von diesem ganzen Getue dort und sagte: „Das ist die echte Rip-Off Straße und uns allen gefiel das direkt so gut, dass wir den Titel für den Song übernahmen.

Für mich hat gerade euer letztes Album den Test of Time wirklich bestanden, was denkst du warum diese Album immer noch wächst, was waren die Besonderheiten?

Es passiert sehr viel auf der Platte. Wenn du den Song zu ersten Mal hörst, nimmt man den Groove mit, mehr nicht. Aber wenn man immer wieder einen Song hört, dann tauchen Details im Hintergrund auf. Man kann sich immer weiter in den Song hinein finden. Wer das nicht macht, sollte sowieso keine Musik hören. Ich denke, dass es vielleicht deswegen den Test of Time bestanden hat. Es kann aber auch daran liegen, dass man nicht nur zwei bis drei Songs hat, die man sich dann auf ein CD brennt und den Rest vergisst, sondern, dass sieben, acht gute Songs auf dieser Platte zu finden sind. Für die neue hoffe ich das auch...

Ich denke schon, gerade da der Bonustrack nicht zu dem Rest passte, zeigt sich schon eine gewisse Geschlossenheit, die gute Alben ausmacht.

(grinst) Wir werden sehen...

Auf der letzten Tour habt ihr ‚Living After Midnight‘ von Judas Priest gecovert, ist die NwoBHM auch ein Einfluss für euch?

Nein, nicht so sehr. Zumindest nicht für mich. Es war einfach ein cooler Rocksong zum Cover. Das gesamte „British Steel“ Album ist sehr gut und wir pickten uns diesen Song heraus. Vieles an frühem Achtziger und Spätsiebziger Metal war sehr schrecklich. Aber einige Bands wie eben Priest, Slayer oder auch Entombed waren eben auch gut (Entombed in den frühen Achtzigern? - Naja – Verf.). Aber wir sind jetzt seit 10 Jahren unterwegs als Band und hören nun viele verschiedene Stile und Bands, so dass man nicht mehr einheitlich von Einflüssen sprechen kann. Am Anfang hörten wir alle den ganzen Tag AC/DC und betranken uns. Jetzt hören wir im Tourbus alles von Bob Dylan hin zu Manowar Videos. Alter Rockabilly wie Crosby Stills Nash And Young, Rock von Status Quo es geht ziemlich durcheinander. Als Einfluss für das neue Album möchte ich eine Band nennen: The Pixies. Sie haben ebenfalls coole Dynamiken, halten die Strophen ruhig, bringen coole, laute Refrains mit ein. Es ist schwierig zu erklären, aber mich erinnert unser Album an diese Band.

Kannst du euren Bandnamen erklären?

Not really.

Lebt ihr auf Tour das Rock'n'Roll Klischee wie es sich für eine Band eurer Musikrichtung gehört?

Etwas Koks am Morgen und solche Dinge? Na ja, auf Tour zu sein ist ein sehr seltsames Gefühl. Man bringt den Leuten jeden Abend das Gefühl, das heute Party gemacht wird, das Samstagabend-feeling eben. Wir haben dieses Feeling natürlich wenn wir auf die Bühne kommen. Aber diesen Lebensstil lebendig durchzuhalten wäre unmöglich.

Die beste Rock'n'Roll Geschichte, die euch bisher passiert ist!

Mhh, ich denke die ganze Sache an sich ist sehr aufregend. Wir waren ein paar Jungs aus der kleinen Stadt Oslo in Norwegen und jetzt spielen wir hier in deiner Stadt und sind auf Tour, das ist seltsam. Als wir zum ersten Mal in New York spielten im CBGB's, sah uns Slash von Guns'n Roses und kam nach der Show zu uns und sagte, dass ihm die Show gefallen hätte, wir cool gespielt hätten. Das war echt ein fantastischer Rock'n'Roll Moment.

Deine Top Five:

Bob Dylan - Desire
Gene Clark - No Other
Bonk - Western Soul
Unser Tourbus ist gestern stehen geblieben und alle CDs sind noch darin, deshalb habe ich jetzt echt ein Problem.
Mu Martin - Bad Case Of Lovin' You
Bettie Davis, die zweite Frau von Miles Davis und natürlich die neue Monster Magnet Platte.

Das war es schon, letzte Worte?

Viel Glück mit eurem Magazin, hört unser Album!

Christian Kremp