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Minstrel In The Gallery, 40th Anniversary Grande Edition

Label: Warner Music (1975/2015)

Mit "Minstrel In The Gallery" liegt nun die dritte Veröffentlichung in absolutem Nobelformat, bestehend aus 2 CDs, 2 DVDs und einem edlen Booklet, vor.

 In den Augen vieler Fans hatte die Band nach "Thick As A Brick" (1972) ein wenig geschwächelt und hatte das viel zu sperrige (wenngleich großartige) "Passion Play" (1973) herausgebracht. Die Musik war aber vielen zu komplex und der z.T übermäßige Einsatz des Saxophons, der damals neuen Leidenschaft von Ian Anderson, machte die Scheibe trotz aufwändiger Gestaltung nicht gerade zu einem Lieblingsstück der Fans. "Warchild" (1974) markierte dann die noch immer nicht 100%ig gelungene Rückkehr zu kompakteren Songs und zum Humor der Frühwerke. Aber erst mit "Minstrel In The Gallery" (1975) verstanden es die Mannen um Ian Anderson, wieder auf extrem hohem Niveau, die Rückkehr zu den Tugenden der Anfangszeit zu vollenden. Hier werden, ähnlich dem Überklassiker "Aqualung" (1971), Heavyrocker und Akustikstücke zu einem homogenen Ganzen geformt. Dass man seine progressiven Erkenntnisse, die in den vier Jahren zwischen den beiden Scheiben errungen worden waren, nicht ganz vor der Tür lassen konnte und wollte, liegt auf der Hand. Aber Songs wie der Titelsong oder "Cold Winds To Valhalla" sind die perfekte Fusion dieser Stile. Dazu noch "Baher St. Muse", in seinem komplexen aber überaus nachvollziehbaren Charme, eine Hommage an seine damalige Wohnadresse, und einige eher folkloristisch geprägte Stücke, und fertig ist eine der rundesten Veröffentlichungen von Jathro Tull aus den 70er Jahre. Mit "Too Old To Rock'n'Roll, Too Young To Die" (1976) sollte man dieses Niveau nicht halten können, aber Ian Andersons Umzug aufs Land sollte für neue Kreativitätsschübe sorgen, die spätestens bei "Songs From The Wood" (1977) und "Heavy Horses" endgültig auf den musiklaischen Olymp führen sollten. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Die Aufmachung der Box und deren Klang sind wie immer vorbildlich, und das bisher offiziell unveröffentlichte Konzert von 1975 ist ein echter Hinhörer, auch wenn da bei der Soundqualität bestimmt noch etwas gegangen wäre...

Ansonsten git: Both thumbs up!

Frank Scheuermann

10/10