Label: EMI Music (1976/2015)
Hurra, die Steven Wilson Remasters von Jethro Tull gehen in die nächste Runde. Dieses Mal ist mit "Too Old To Rock'n'Roll, Too Young To Die" eines der eher umstrittenen Scheibchen der 70er Jahre dran. Vielen war die Platte damals vom Sound her zu platt, andere bemängelten das nicht mehr wirklich progressive Songwriting. Andere wiederum lobten gerade die neue Schlichtheit.
Vom Sound her jedenfalls eine große Herausforderung für den Porcupine Tree Chef. Um es gleich vorweg zu nehmen. Er hat es nicht geschafft, die komplette Originalplatte in einen perfekten Sound zu hüllen. Das lag aber nicht an ihm, sondern daran, dass von den Originalbändern nur fünf Songs auffindbar waren. Und denen hat er natürlich viel Leben und unglaubliche Transparenz und Luftigkeit angedeihen lassen. Der Rest der Platte findet sich dann als Anhang auf CD 2, als "flat album transfer", wie es lapidar auf dem Cover heißt. Ist diese Veröffentlichung daher verzichtbar? Mitnichten! Vielmehr hat man die lange verschollenen Bänder einer kompletten Neueinspielung der Platte fürs Radio gefunden und erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Und diese Aufnahmen haben es in sich. Selbst hart gesottene Kritiker der Platte werden mit der Zunge schnalzen, wenn sie hören, mit welch beschwingter Leichtigkeit die Aufnahmen fürs Radio von der Hand gegngen sind und dass diese - im Gegensatz zur Originalplatte- alles haben, was man sich damals gewünscht hätte. Dazu gibt es Sessionouttakes, Demos, Alternativversionen und die üblichen wundervollen Vielspurversionen, die bei entsprechenden Anlagen einen wahren Mehrwert darstellen. Daneben die Filmaufnahmen des geplanten Musicals, bei denen die Band sich (recht vergeblich) um schauspielerische Klasse bemüht (hat eher was von Monty Python Outtakes). Summa summarum also eine unverzichtbare Veröffentlichumg, zumal das mitgelieferte Buch wie immer vorbildlich gestaltet ist, auch wenn John Glascock, dem leider verstorbenen Bassisten, dessen Bandeinstand diese Platte war, mit seiner Diskographie vielleicht ein bisschen zu viel Raum gegeben worden ist.
Frank Scheuermann
10/10