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Coda Deluxe

Label: Rhino Records (1982/2015)

Im an Großtaten nicht gerade sparsamen Gesamtkatalog der britischen Hard Rock Pioniere Led Zeppelin, nahm "Coda" immer ein eher bescheidenes Ranking ein. Das lag nicht unbedingt daran, dass es keine guten Stücke darauf gegeben hätte. Es war eher dem Umstand geschuldet, dass Led Zeppelin beim Erscheinen der Platte de facto seit etwa zwei Jahren Vergangenheit waren und Jimmy Page mit dieser Veröffentlichung eigentlich nur ein erstes mal die Archive gemolken hat. So fanden sich auf der Platte in einer recht sparsamen Spieldauer von knapp über einer halben Stunde nur Überbleibsel älterer Sessions und sogar Soundcheckmitschnitte. Diese Aufnahmen krankten zum Teil daran, dass sie ursprünglich nie zur Veröffentlichung gedacht waren und qualitativ kaum mit den legendären Studioscheiben, die mit unglaublicher Liebe bis hin zum kleinsten Detail durchgestylt waren.

Nun bekommt das vernachlässigte hässliche Entlein im Led Zeppelin Katalog eine zweite, wohlverdiente Chance. Zwar begreife ich immer noch nicht die Veröffentlichungspolitik, die eine platte mit knapp 100 Minuten Spielzeit unbedingt auf drei Deckel verteilen muss, aber gut (bei der Vinylausgabe macht das Sinn, bei CDs definitiv nicht!). Keine andere Neuauflage profitiert im gleichen Maße wie "Coda", noch nicht einmal "Led Zeppelin I", die ja immerhin um ein Konzert aufgewertet worden ist. Endlich wurde die Single B-Seite von "Immigrant Song" (1971), "Hey, Hey What Can I Do" ergänzt. Auch die anderen Nummern, die erstmals im Gefolge der "Remasters" Box Anfang der 90er Jahre aufs Publikum losgelassen worden sind, finden hier Berücksichtigung. Cool sind vor allem die bislang völlig ungehörten Stücke auf der dritten Scheibe, allen voran "St. Tristan's Sword", aus dem mit etwas mehr Detailverliebtheit ein echter Led Zeppelin Klassiker hätte werden können, und die beiden Nummern "Four Hands" und "Friend", die in schier unglaublichen Ethnoversionen auf der 1972er Indienreise der Herren Page und Plant mit einheimischen Musikern entstanden sind.

Eigentlich ein Jammer, dass die Reissue-Serie hiermit beendet ist, denn meiner Meinung nach dürfte das jetzt noch eine ganze Weile so weitergehen. Andererseits traue ich Jimmy Page hier nur bedingt, wenn er behauptet, die Archive seien jetzt endgültig geplündert, da ich selbst als beinharter LZ Fan schon vieles von Bootlegs her kenne, was bislang noch keine Berücksichtigung gefunden hat. Aber die findet er dann vielleicht passend zur 50th Anniversary Edition in 4 Jahren in einer Gartenlaube? Ich halte das zumindest nicht für völlig ausgeschlossen!

Frank Scheuermann

10/10