Reviews

Blood Brothers (Special Tour Edition)

Label: Wacken Records (2008)

Als vor etwa zwei Jahren die erste Rose Tattoo CD nach dem tragischen Krebstod von Pete Wells herauskam, war ich begeistert von der Energie, mit der die Jungs um die australische Rock'n'Roll Ikone Angry Anderson zur Sache gingen. Zur Musik muss man eigentlich nicht viel sagen: Auch wenn ich selbst die ewigen AC/DC-Vergleiche nicht mehr hören kann (da die Tatts immer schon die geilere Band waren!), kommt man nicht umhin, dem immer noch ahnungslosen Leser die bekannteste Aussie-Band als Orientierungspunkt anzubieten. Wenn man dann noch die göttliche Slidegitarre ergänzt, dann hat man eine ungefähre Vorstellung davon, wie Rose Tattoo schon immer geklungen haben und wohl ewig klingen werden. Dabei ist die an Bon Scott in seinen besseren Tagen erinnernde Stimme des Frodo Beutlin Lookalikes (hinsichtlich seiner Größe!) besonders beeindruckend.

Nun, warum schreibe ich über eine Platte, die bereits seit Jahren auf dem Markt ist? Richtig, weil es jetzt eine absolut wertige Zweitvermarktung über Wacken Records gibt. Man hat zur ursprünglichen CD noch einen zweiten Silberling gepackt, der auf DVD die gesamte Wacken Show von 2006 enthält. Und da das bislang einzige Rose Tattoo Konzert als Film ("Live From Boggo Jail, 1993") sich nicht in jedermanns Besitz befindet und mittlerweile seit Jahren vergriffen ist, erhält jeder, der diese authentische R’n’R Band noch nie erleben durfte, endlich die Chance, das wenigstens mit der Konserve nachzuholen. Und es lohnt sich! Zwar fand der 2006er Auftritt nicht auf einer der Hauptbühnen statt wie noch ein paar Jahre zuvor, als gestandene Metaller zu Rock'n'Roll Outlaw eine headbangende Polonaise über das gesamte Festivalgelände durchgezogen haben, aber die getreuen Fans, die nicht auf metallische Tagestrends hereinfallen, fanden einen Auftritt vor, der (fast) alle Bedürfnisse befriedigt. Die Songs stellen eine tolle Mischung aus Klassikern ('R'n'R Is King', 'R'n'R Outlaw', 'Nice Boys', 'Remedy') und damals brandneuen Songs ('Black-Eyed Bruiser', 'Once In A Lifetime') dar. Der einzig nennenswerte Mangel bei diesem überaus gelungenen Auftritt bestand im Fehlen eines einzigen Songs: 'The Butcher And Fast Eddie', jene Straßenballade über harte Zeiten und schwere Jungs, die den Tatts auf alle Zeiten einen Platz in der echten Rock'n'Roll Hall Of Fame (ich meine nicht den Kommerztempel in den USA!) sichern wird. Das ist schade, sehr schade. Allerdings besteht das restliche Repertoire aus Songs, bei denen manche Band froh wäre, wenn sie wenigstens einen solchen Klopfer im Programm hätte! Wenn man sich dann noch Angrys ständig manisch wiederholte Ansage "Brothers and sisters, we're walking on Holy Ground!" (damit war das Festivalgelände in Wacken gemeint!) reinzieht, dann kann man durchaus eine Gänsehaut bekommen. Alle, die vor zwei Jahren die Erstveröffentlichung verschnarcht haben, sollten sich jetzt zügig aufmachen und das Teil endlich erstehen. Es lohnt sich!

Frank Scheuermann