Reviews

No Bull Live / Stiff Upper Lip DVD

Label: Warner Music (2003)

Da war er wieder, einer dieser magischen Momente, auf die jeder Redakteur hinarbeitet. Auch wenn man bestimmte Erlebnisse nur schwer in Worte fassen kann, möchte ich es kurz versuchen: Der Blick in den Briefkasten offenbart ein Päckchen, zu groß für eine normale CD, der Absender lässt bereits den Inhalt vermuten, angespannt wird der Umschlag geöffnet bis sich nur noch ein fettes Grinsen in meinem Gesicht breit macht: Eine AC/DC-Doppel-DVD, die meine persönliche Bescherung an Weihnachten bereits um einige Wochen vorher vorverlegt! Kurzerhand werden alle Termine abgesagt, dass Bier kalt gestellt, die Chipstüte rausgekramt und ab geht’s vor den Fernseher. Da sich dieses Ereignis bei mir an einem Wochentag abspielte, möchte ich kurz auf die wesentlichen Fakten dieses Wahnsinnsteils eingehen, denn mit einem Abend kommt man selbst am Wochenende nur schwer hin.

Das Set beinhaltet zwei komplette Konzertmitschnitte, die bereits als Einzel-DVDs erschienen sind. Da wäre zum Einen „No Bull – Plaza de Toros de Las Ventas, Madrid“ aus dem Jahre 1996 sowie die „Stiff Upper Lip – Live“ DVD von 2001. Zusammen mit dem übrigen Bonusmaterial, auf das ich später noch eingehen möchte, kommt man auf fast 5 Stunden AC/DC, in denen die Australier wieder einmal deutlich machen, warum sie zu den erfolgreichsten Formation unseres Globus gehören.

Widmen wir uns erst einmal der „Stiff Upper Lip“ Scheibe zu. Das Konzert wurde im Rahmen der 2001er Tour im Münchener Olympia Stadion mitgeschnitten. Schon die Kulisse allein gibt ein imposantes Bild ab: 67 000 Fans im restlos ausverkauften Olympiastadion waren gekommen, um eine Show der Superlative zu sehen. Und sie sollten nicht enttäuscht werden. Blickfang war natürlich die goldene übergroße Angus Young Statue, die inmitten des Bühnenbildes ragte und den kleinen Australier in einer seiner bewährten Posen zeigte. Die Show startet mit dem Titeltrack des letzten Albums „Stiff Upper Lip“, der nur der Anfang einer Serie von Knallern ist. Brian Johnson schreit in bewährter Manier die Seele aus dem Leib, während Rhythmusgitarrist MalcolmYoung und Basser Cliff Richards fast zu Salzsäulen erstarrt partout ihren Platz nicht verlassen wollen und Drummer Phil Rudd eine Zigarette nach der anderen qualmt. Last But Not Least fehlt noch Mr. AC/DC schlechthin Angus Young. Wie ein Wirbelwind fegt der kleine Australier non stopp über die Bühne und erscheint zu Beginn in seiner legendären Schuluniform mit kurzen Hosen und Krawatte. Mit einer der Höhepunkte dieses Konzerts ist natürlich der Strip während ,Bad Boy Boogie’, bei dem sich Angus bis auf seine Hose den lästigen Klamotten entledigt und dem elektrisierten Publikum die Deutschlandfahne auf seiner Unterhose präsentiert. Gänsehautfeeling kommt immer wieder auf, wenn diese beeindruckende Kulisse Tracks wie ,Thunderstruck’ oder ,Dirty Deeds Done Dirt Cheep’ mitgrölt und selbst Angus Young zu dem genialen ,Hard As A Rock’ seine krächzende Stimme beisteuert. An der Songauswahl gibt es nichts zu meckern, alle großen Hits sind am Start und wer beispielsweise wie ich einen Track wie ,Hail Cesar’ vermisst, der greift einfach zur anderen DVD. Interessanterweise gehören zur Ausstattung der Band auch einige Teleprompter, auf die Johnson jedoch im Gegensatz zu Halford überhaupt nicht angewiesen ist. Nicht ganz unwichtig bei einer DVD ist ja immer das Bild, das genauso wie das Material absolut spitze rüberkommt, der Sound ist ebenfalls allererste Sahne. Und so vergeht das Konzert fast wie im Fluge, Kanonengeschosse (,For Those About To Rock’) und Brian Johnson auf einer übergroßen Glocke (,Hells Bells’) sorgen für grandiose Showeffekte und übertragen bestens das Feeling eines AC/DC-Konzertes - so weit das am Fernseher möglich ist. Der Bonusteil lässt die Fans in die Vorbereitungen der Show hinein schnuppern, die Band zu Wort kommen und beweist, dass selbst ein Angus Young nach unzähligen Auftritten immer noch nicht vom Lampenfieber befreit ist, während Brian Johnson Minuten vor dem Gig noch seine Sprüche reißt.

Die zweite DVD enthält einen Mitschnitt aus einer Stierkampfarena in Madrid. Einige Songs decken sich mit dem Angebot der ersten Scheibe, dennoch lohn sich auch dieses Teil wegen der beeindruckenden Kulisse allemal. Das Bild ist etwas schwächer ausgefallen, der Ton schallt ebenfalls etwas mehr. Dafür kann man sich als besonderes Bonbon die Texte der Tracks einblenden lassen und selbst einmal Brian Johnson like mitgrölen. Der Bonusteil besteht aus dem Video zu ,Hard As A Rock’ sowie dem Making Of, dass einen interessanten Einblick hinter den Kulissen bietet, einen etwas nervösen Angus Young auf einer Abrissbirne sitzend zeigt und einmal mehr dein Einfluss von AC/DC auf Fans in der ganzen Welt verdeutlicht. Das Schlusswort bleibt, wie sich das gehört, Angus Young vorbehalten, wobei man sich sichtlich erfreut ist, auch einigen Worten von Brian Johnson lauschen zu dürfen.

Bleibt nur noch zu sagen: Kauft Euch dieses Hammerteil, mehr AC/DC geht kaum noch!

Oliver Bender