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Little Earthquakes (Deluxe)

Label: Atlantic Records (1992/2015)

Mancmal geschieht es ganz einfach, dass man Musik hört, die aus einem ganz anderen Genre stammt als das, was normalerweise auf dem heimischen Teller rotiert und man verliebt sich umgehend. Dieses Phänomen kennen viele harte Rocker aus den frühen 90er Jahren, als aus dem Nichts Tori Amos auftauchte und knallharte Bikertypen zum Heulen brachte.

Den Grund dafür kann man auf der neuaufgelegten Deluxe Ausgabe von Tori Amos' Debutscheibe "Little Earthquakes" nachhören. Die Stimme ist unfassbar klar, rein, versprüht eine naive Schönheit, ist trotzdem stark und voller Energie, vielleicht ein wenig an das angelehnt, was zwei Dekaden zuvor Kate Bush auf den Weg gebracht hat. Dazu ihr virtuoses Pianospiel, das dezent von einer unaufdringlichen Band untermalt wird.

Und dann diese Texte, zuweilen von philosophischer Schärfe, zumeist sehr introvertiert, quasi Verbalexhibitionismus - aber niemals den billigen Voyeurismus der Masse bedienend, stets integer und bei aller Verletzlichkeit stark. Das wird nirgends deutlicher, als bei der musikalischen Aufarbeitung ihrer eigenen Vergewaltigung in dem Song "Me & A Gun". Tori Amos ist einfach stark und das ist gut - eine Stärke, die nicht bedrohlich sein möchte, lediglich autark.

Diese Deluxe Ausgabe ist umeine prall gefüllte Bonusdisc mit insgesamt 18 (!) bereichert, die weiter Einblicke in das Schaffen von Tori Amos aus den frühen 90er Jahren bietet. Wundervoll.

Frank Scheuermann

10/10