Reviews

Close To My Heart

Label: Repertoire (2007/2011)

Erinnert sich noch jemand an Beggars Opera? Das war eine britische Progressive Rock Band, die mit massiven Klassikeinsprengseln und großartige Gitarrenarbeit vor etwa 40 Jahren für Furore gesorgt hat. Vor allem die Scheiben "Act One", "Pathfinder" und "Waters Of Change" fanden eine mehr als treue Fangemeinde. Mich persönlich überzeugte noch die etwas schlichter gestrickte "Get Your Dog Off Me", danach wurde es mit "Beggars Can't Be Choosers" Und "Sagittary" eher Geschmackssache, bevor mit "Lifeline" und "The Final Curtain" zurecht vorläufig die Lichter ausgingen. Mastermind Ricky Gardiner verdiente sich als brillanter Musiker zwischenzeitlich die Brötchen bei David Bowie, bis er krankheitsbedingt die Musik an den Nagel hängen musste. Er hatte so etwas wie eine Magnetfeldallergie entwickelt, was für einen Gitarristen, dessen tägliches Brot aus Magnetfeldern besteht, natürlich fatal ist.

Trotzdem gab der Althippie nicht auf, er musste nur extrem lange Pausen zwischen zwei Aufnahmesessions einlegen. Und so benötigte er für die Comebackscheibe "Close To My Heart", die erstmals 2007 veröffentlicht worden ist, sage und schreibe zehn Jahre zur Fertigstellung. Unterstützt wurde er dabei von seiner Frau und seinem Sohn. Somit sind Beggars Opera mittlerweile zu einer Art Familienunternehmen geworden (so ähnlich wie Brian Augers Oblivion Express).

Die Musik auf "Close To My Heart" unterscheidet sich signifikant von allem, was Ricky Gardiner bisher so gemacht hat, kommt am ehesten noch an David Bowies Berliner Phase heran, bei der er ja bekanntlich mitgewirkt hat. Die Stücke sind verstörend, da sie harmonisch sehr traditionelle Ansätze mit völlig vorwärtsgewandter Musik verschmelzen. Die Versuchung hat wohl nahegelegen, ein sogenanntes Retroprog-Album aufzunehmen, aber Ricky Gardiner - ganz Musiker der er ist - hat sich dieser Versuchung widersetzt und etwas neuartiges erschaffen, das ich so von keinem anderen Künstler kenne - vielleicht noch am ehesten Steve Hillage, aber der geht ganz anders vor.

Auf jeden Fall eine relevante Scheibe, wenn sich die Käuferschicht nur trauen würde, gute Musik zu würdigen!

Frank Scheuermann






Musicload