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Wild Orchids

Label: InsideOut (2006)

Immer wenn eine Steve Hackett CD ansteht, vollführt mein Herz einerseits Freudensprünge, andererseits bin ich immer im Ungewissen, was der Meister uns denn dieses Mal auftischt. Denn nach über 30 Jahren als Solist in diesem Geschäft, hat es Steve Hackett noch nicht einmal geschafft, sich wirklich zu wiederholen. Immer wieder kramt er neue, bislang ungehörte Facetten aus allen möglichen musikalischen Universen hervor und bezaubert seine Fans mit virtuosem, aber vor allem zutiefst originellem Saitenspiel. Dort, wo andere Gitarristen damit zufrieden sind, längst bekannte Skalen in immer neuen Geschwindigkeitsrekorden zu bearbeiten, entlockt Steve Hackett seinem Instrument Töne, von denen man glaubt, sie noch nie zuvor gehört - nein, erlebt - zu haben. Mit "Wild Orchids" schließt sich für mich ein Kreis und rundet die letzten beiden Veröffentlichungen, nämlich das rockige "To Watch The Storms" (2003) und das orchestrale "Metamorpheus" (2005) ab. Standen beide zunächst wie These und Antithese einander quasi unversöhnlich gegenüber, hat der ehemalige Genesis-Gitarrist mit "Wild Orchids" den Brückenschlag zur Synthese dieser beiden Werke gemeistert. Die Stücke sind gleichermaßen symphonisch, rockig, melancholisch und strahlend. Der einzige Ausbrecher auf dieser wieder einmal brillanten Gitarristenscheibe ist die Bob Dylan Nummer ‚Man In The Long Black Coat', in der Steve Hackett nach eigener Aussage endlich einmal die Möglichkeit hatte, "zu singen wie Johnny Cash und Gitarre zu spielen, wie der junge Peter Green". Alle anderen Songs sind für Prog-Fans sowieso auf dem besten Weg, wieder einmal zum Heiligen Gral zu werden.

Frank Scheuermann