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Einzig aber nicht artig

Label: Soulfood Music (2004)

Wer oder was ist eigentlich „Hongidieb“? - „(...) ein Vorbild“ (Phillip Boa), „der innovativste Sänger den ich ja gesehen habe“ (Andrew Eldritch - The Sisters Of Mercy), jemand zu dem sogar Iggy Pop sagt: „You´ve got the punk inside!“. - Sir Hannes Smith, der Mann hinter dem Honigdieb! 1978 gründete er die Band „The Idiots“, später „Phantoms Of Fututte“ mit denen er sogar als Support für Iggy Pop auftrat. Der Weg dorthin war steinig - Jahre auf der Straße, harte Drogen und exzessive Saufgelager. Es hat sich gelohnt! Touren mit Bands wie den Sex Pistols, Cypresss Hill, The Sisters Of Mercy oder auch Die Fantastischen Vier waren sein Lohn. Doch warum noch „Honigdieb“? Der gleichnamige, afrikanische Vogel verzaubert Dache auf singende Art, um sie in Hypnose zu einem Bienennest zu führen. Nach dem Plündern des Nestes gelangt auch er an den Honig. Ja, hypnotisieren kann er, der Honigdieb“. Eine Mischung aus Punk, Polka, Indie, Chanson, Metal, Folkslieder und Latin – ob das geht? - Beim Honigdieb geht alles! Punk halt, jedoch im Gegensatz zur No-Futur-Bewegung eher nach dem Motto Do-It-Yourself. Erlaubt ist dabei alles!

Der Opener ,Ichgott’ groovt einen gleich richtig ein. Auf ironische Art und Weise stimmt er den Hörer auf sich ein, untermalt wird das ganze von den funky Saiteninstrumenten. Für alle Stau-Motzer folgt ,Im Stau’. Gute Laune macht sich schon nach den ersten Takten breit. Mit fröhlichem Pfeifen und Flötenklängen wird damit jede RushHour zum Spaß! Der Titelsong ist Smith´ Versuch, sich der Welt zu erklären. Er beginnt mit lustigen Funk- und Polka-Rhythmen, zu denen er sing: „Langweile kenn´ ich nicht, die gab´s noch nie - ich bitte dich. Wenn andere auf der Stelle stehen, statt Träume, nur den Fernseher sehen (...) Irgendwo zwischen Zucker und Dynamit (...) Ich bin halb Mann, halb Frau, halb Tier (...) Zartbitter Schokolade.“ Dann scheint er plötzlich ernst zu werden, es folgt ein abrupter Tempowechsel - „bin niemals käuflich, für gar nichts auf der Welt. So bleib ich mir treu, mein eigener Held“, wonach es direkt in den alten Rhythmus zurückfällt und man glaubt ihm jedes Wort...

Harte Gitarrenriffs gepaart mit den bereits bekannten Flötentönen gibt es hingegen bei ,Überholspur’. Obwohl sich der Song gegen die Höher-Schneller-Weiter-Ellenbogen-Gesellschaft richtet, ist er keineswegs düster, das lässt der ewige Optimist in Smith wohl nicht zu. Weiter verfolgt er das Thema in ,Schwarzer Peter’, in dem er gegen die ganzen „seelischen Groovebremsen“ ansingt. Bei „Mädchen“ zieht das Tempo noch einmal an - punkig und rockig kommt dieses etwas anderes Liebeslied daher, bevor es bei ,Meditation’ etwas orientalischer wird. Am Ende ist der Honigdieb plötzlich ganz still. Mit ,Auf dem Berg am See’ gibt es eine romantische Ballade mit gefühlvollem Gesang und zarten Streichern. Doch vermutlich wäre der Honigdieb nicht der Honigdieb, wenn das Album wirklich so enden würde – da ist natürlich ein verdeckter Bonus-Track. Eine Art Medley, das die gesamte Bandbreite seines musikalischen Schaffens zeigt.

Musikalisch bietet „Einzig, aber nicht artig“ eine Menge Überraschung und diese zu entdecken macht wirklich Spaß. Alleine mit den Texten, besonders den geklauten Fetzen aus Kinderlieder, Redensarten oder diversen altbekannten Song, kann ich mich nicht immer so recht anfreunden. Vielleicht bin ich dafür einfach zu viel Freund von deutschen Texten der Hamburger Schule (sprich Tomate und Kosorten). Reinhören und sich selbst eine Meinung bilden lohnt sich aber auf alle Fälle!

Verena Kuhn