Stories

Dezember 2003

Eigentlich sollte dieses Interview bereits auf dem Konzert der Hessen geführt werden, doch der Sänger der Truppe, Herr Jäger, war bis kurz vor dem Auftritt seiner Band verständlicherweise erstmal nach Hause gefahren, um die Annehmlichkeiten eines festen Wohnortes zu genießen. So wurde der Termin kurzerhand verschoben und Karsten meldete sich eine Woche später per Telefon...

Ihr seid ja nun kräftig am promoten und touren, wie sind denn nun die Reaktionen auf die Auftritte?

Wir sind schwer begeistert, da wir jeden Abend vor ca. 250 Zuschauern spielen. Dabei ist es uns fast immer gelungen viele zu begeistern. Also wirklich fantastisch.

Nun hattet ihr bei eurem Heimspiel in Münster ja keinen so tollen Sound gerade am Anfang war es doch eher breiig. Woran lag das?

Nun ich habe davon gar nicht soviel mitbekommen. Ich fand den Sound in Ordnung und habe mir keine großen Gedanken darüber gemacht.

Wie waren denn die anderen Bands auf der Tour?

Mystic Prophecy kannte ich vor Beginn der Tour gar nicht, aber es stellte sich heraus, dass es wirklich ganz normale Leute sind, mit denen man gut klarkommt. Death Angel, mit denen wir uns den Bus teilen, haben mich auch sehr positiv überrascht, da sie überhaupt keine Starallüren zeigen und sehr bodenständig rüberkommen.

Könnte da jetzt auch was gehen in Richtung US-Tour mit den Jungs?

Ich könnte mir das schon vorstellen. Bisher sind wir in den USA nicht sehr bekannt, da keine unserer CDs für diesen Markt lizenziert wurde. Daher haben wir von dort auch nur vereinzelte Rückmeldungen bekommen. Momentan tut sich in dieser Hinsicht aber was und eine Tour wäre sicherlich von Vorteil.

Wie kamen denn die neuen Songs von der "Spreading The Rage" Scheibe an?

Es steckt meiner Meinung nach ein neuer Schwung in den Songs drin und ich fand, dass sie besser live ankamen. Irgendwie zeigen sie auch mehr Charme.

Variiert ihr das Set?

Ja, wir haben nicht nur ein Programm, wir spielen immer verschiedene Sets, das hält es für uns interessanter. Außerdem kommen viele Fans auch zu zwei Auftritten und da wollen wir denen natürlich auch mehr bieten.

Die neue Scheibe teilt sich meiner Meinung nach in zwei Bereiche, den härteren Teil zu Beginn und so ab 'Death Will Score' wird das Album ruhiger, nachdenklicher!

Ja, da stimme ich dir zu. Es war unser Wunsch die flottesten Songs direkt an den Anfang zu stellen. Das Gefühl wird zudem vielleicht auch noch dadurch verstärkt, dass der letzte Song 'Back To Life' eigentlich als Outro gedacht war und erst im Studio zu einem kompletten und dann auch ruhigen Song umgebaut wurde.

Würdest du zustimmen, dass ihr einen kleinen Nu Metal Anteil in der Musik habt?

Bewusst haben wir den auf gar keinen Fall, wir haben kontinuierlich unseren Style entwickelt, das fließt ganz einfach. Joe schreibt ja die meisten Songs und wahrscheinlich bleibt dann so einiges hängen, denn er hört sehr viel Musik. Ich lehne diese Richtung aber nicht ab, gerade Sepultura gefallen mir auch auf den neueren Scheiben. Der Song 'Sepulnation' ist echt ein genialer Kracher.

Aus dem Hardcore vielleicht?

Ich persönlich mag die Punk Hardcore Richtung nicht so sehr. Ich habe keinen Draht dazu, Crumbsuckers mag ich oder auch die Band Transport League aus Schweden. Sie sind eine Nachfolgerband von B-Thong. Vielleicht gilt das noch als Einfluss. Hör dir auf jeden Fall den Song 'Predicted' an.

Euer Bassist hat wohl auch ein gutes Mitspracherecht, denn auf der Platte hört man sehr deutlich das brummige Instrument, mehr als bei vielen anderen Bands!

Bei den meisten Bands läuft der Bass nur so nebenher. Joe, der auch den Grossteil unserer Songs schreibt, hingegen hat ein sehr extravagantes Spiel, das auch auffällt. Allgemein ist der Bass eh ein unterschätztes Instrument, das mehr unterbewusst wahrgenommen wird. Bei den Bassaufnahmen im Studio hab ich mir die Kopfhörer übergezogen und Joe bei seinem Spiel zugehört, um mich dann auch ein wenig in dieses Spiel zu verlieben. Ich benutze die Basslinien zudem auch als Einfluss für meinen Gesang.

Apropos Studio, ihr habt dieses Mal wieder im Stage One aufgenommen, warum das denn, nachdem ihr letztes Mal doch im Art Of June in Frankfurt aufgenommen hattet?

Also zuerst muss ich sagen, dass auch das Art Of June ein cooles Studio war, aber ein Problem gab es: die Zeit war viel zu knapp. Bei den jetzigen Aufnahmen hatten wir richtig Zeit und bekamen das beste Preis-Leistungsverhältnis überhaupt. 3 Wochen waren dann genau richtig, um relaxt und ohne Druck die Scheibe aufzunehmen. Es war den Wechsel auf jeden Fall wert. Ich möchte aber sagen, dass uns der Studioaufenthalt in Frankfurt auch einiges gebracht hat. Es ist immer interessant andere Arbeitsmethoden zu sehen und man nimmt etwas davon eben auch mit. Es war also eine wertvolle Erfahrung.

Warum ist Herrn Classens Studio momentan so erfolgreich?

Ich denke, dass es daran liegt, dass Andi selbst Musiker ist und über genügend Erfahrung mit der Musik verfügt. Außerdem ist er nicht stehen geblieben in seiner persönlichen Entwicklung. Er verschließt sich nicht, hat sein Studio modern eingerichtet und lernt jeden Tag dazu. Er ist eben noch offen und bereit dazu, was ihn als Produzenten natürlich weiter wachsen lässt. Zudem kommt der persönliche Draht zu uns, oft muss man gar nichts mehr sagen es läuft einfach.

Zurück zur Band, welche Aktivitäten stehen denn in nächster Zeit bei euch an, habt ihr schon ein neues Album geplant?

Nein, dazu hatten wir noch gar keine Zeit, wir touren nun erstmal durch ganz Deutschland und wollen versuchen wirklich in jeder Ecke zu spielen. Das zieht sich dann bis ins Frühjahr, danach wollen wir dann auf den großen Festivals auftreten.

Gibt es ein Wunschfestival?

Ja, auf jeden Fall das Dynamo Open Air in Holland. 1990 war ich auf meinem ersten Festival dort und das hat eine besondere Bedeutung für mich. Headliner waren damals übrigens Death Angel, womit sich der Kreis schließt. Ich hätte auch niemals gedacht, dass ich mit ihnen zusammen mal auf Tour gehen würde.

Ihr habt ja nun mit 'Democracy' von Killing Joke einen nicht unbedingt "normalen" Coversong eingespielt, was führte dazu?

Ich mag diese Band seit Jahren und es war auch ein Wunsch von mir sie zu covern. Ich kannte das Video zu 'Love Like Blood', das sehr cool war. Doch der Titelsong der '96er Platte war einfach ein zu genialer Ohrwurm. Der Song passt auch gut zu uns und ich versuchte dann im Gesang so eine Mischung zwischen Coleman und Jeff Beccara von Possessed zu finden. Ich hatte mir den Song zwar anders vorgestellt, aber er klang direkt super. Wir hatten ihn nie geprobt, sondern nahmen ihn einfach im Studio auf, dennoch hörte es sich an, als ob der Song in uns drin stecken würde.

Was möchtest du mit deinen Texten aussagen?

Mittlerweile möchte ich mehr Dinge aufzeigen, die falsch laufen. Ich möchte für Gerechtigkeit eintreten.

Bekommst du auch Feedback?

Ja, und ich freue mich wenn ich Interesse wecken kann oder jemandem einen guten Tipp mitgeben kann, sein Leben vielleicht etwas besser machen kann. Das ist persönlich ein toller Effekt: Gutes Tun durch die Musik. Allerdings kann ich es auch niemandem übel nehmen, wenn er sich nicht für die Texte interessiert.

Nachdem es an der Tür bei Jägers geklingelt hat und Karsten kurz ein paar Dinge klären muss, kommt der sympathische Sänger zurück an den Hörer, um den letzten Teil des Interviews hinter sich zu bringen: Welche Ziele habt ihr euch denn nun noch gesteckt?

Wir sind als Bandeinheit gewachsen und auf einem sehr guten Weg wie es scheint. Wenn es so weiter läuft und wir irgendwann in Clubs vor so etwa 600-800 Menschen spielen können, wie etwa eine Band wie Bolt Thrower, dann bin ich zufrieden. Mehr brauche ich gar nicht, das wäre die Erfüllung eines Traumes. Ich möchte auch nicht vor zu großem Publikum spielen, da es dann unpersönlich wird und die Leute gar nicht mehr wegen der Musik kommen, sondern aus anderen Gründen.

Was war denn der beste Film, den du in letzter Zeit gesehen hast?

The Warriors während der Tour im Bus. Ein super geiler Film. (Gangs in New York und fast nur bei Nacht gedreht von Walter Hill 1979 - Verf.)

Deine fünf Lieblingsalben:

Crowbar - Broken Glass
Korn - Issues
Infernal Majesty - None Shall Defy
Alice In Chains - Dirt
Pestilence - Consuming Impulse

Deine letzten Worte:

Danke an alle Fans, wir werden versuchen überall in Deutschland zu spielen.

Christian Kremp