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Anschlag

Label: Impact Records (2005)

Ein Viertel Jahrhundert treibt sich Müllstation nun schon in der Deutschpunkszene herum. Gegründet in der sowjetischen Besatzungszone begann man dort die lokale Punkszene aufzubauen. Das gelang sogar ziemlich gut und man spielte zusammen mit der zweiten Kulttruppe aus dem Osten, Schleimkeim, viele Konzerte. Das Angebot ihre Musik im damaligen Westen zu veröffentlichen lehnten die Jungs ab. Nach zwei Nummer 1 Hits im Parocktikum auf DT64 jedoch löste sich die Gruppe knapp 3 Monate vor dem Mauerfall wegen musikalischer Differenzen auf. Doch die Reformierung lies nicht lange auf sich warten und ein Jahr später ging es weiter. Es folgten das Debüt „Wir Sind Dabei“ und drei weitere Alben. Nun kommt mit dem „Anschlag“, der fünfte Longplayer.

Der Gesang kommt in typischen Deutschpunkrotzvocals aus den Lautsprechern und so dass man sofort überblickt in welche Richtung es nun geht. Die Texte schweifen zwischen lustig, ernsthaft und sinnlos, wie man spätestens nach 5 Titeln herausfindet. Track Nummer 3 ist ein Cover von TV Smith, welches trotz deutschen Vocals immer noch auf den Namen ‚Gary Gilmore’s Eyes’ hört, weil man den Refrain und damit die wichtigste Stelle direkt übernommen hat. Ihre politische Flagge zeigen die Mannen in ‚Kriegsführer’, welcher sich um kein anderes Thema als George Bush und den Krieg im Irak dreht. Keine prolliger Parolentext, sondern ein subtiles Wortgefüge sind die Stärken der Band. Verdeutlicht wird eben diese Aussage durch ‚Prolliebe’. Der Inhalt beschreibt das klassische Klischee eines Prolls, dem es nur um das eine geht und der keinerlei Rücksicht auf sein weibliches Gegenstück nimmt. Obwohl die Gruppe Deutschpunk macht, gibt sie sich nicht mit dem typischen 3 Akkord Schema ab, sondern bietet, wie auch lyrisch, einen angemessenen Abwechslungsreichtum, der sogar von Keyboardklängen aufgelockert wird, was irgendwie nach Aquabats klingt (‚Moneymistress’).

25 Jahre haben Müllstation reifen lassen wie einen guten Wein. Es wird zeitgemäßer Deutschpunk geboten, den man sich von einigen anderen Bands des Genres nur zu gerne hören würde, da kann man bedenkenlos zugreifen.

Winfried Bulach