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Das erste Gebet

Label: Soulfood Music (2004)

Potentia Animi sind drei unkeusche Mönche, wie sie sich selbst bezeichnen: Bruder Nachtfraß, Bruder Liebe und Bruder Schaft. Die Gründer sind die ersten beiden, die sich nach dem Abgang vom Novizen Bruder Stoch wieder Verstärkung suchen mussten und auch fanden. Zusammen will die Bruderschaft zeigen, dass die Mönche seinerzeit alles andere als keusch und rein waren, sondern, wie alle anderen Menschen, den Lüsten des Fleisches frönten. Die individuellen Lebensläufe ähneln sich stark, denn jeder hatte schon irgendwann etwas mit Schauspielerei und anderen Künsten zu tun. Nun wird ihr Erstlingswerk von 2003 ein zweites Mal neu aufgelegt.

Der Anfang klingt schon verdächtig stark nach Kloster: andächtiges Gesumme, welches in religiös anmutenden Gesängen mündet. Was dabei auffällt sind die für Mittelalter nicht ganz so gebräuchlichen Effekte, die Gastbruder Moeh beisteuert, welche dennoch ihren Platz im Gefüge der Potentia Animi Schöpfung finden. Der eigentliche Pluspunkt ist nicht die mittelalterlich gestaltete Musik, sondern eher die Texte, welche das unkeusche Trio auf oben genannte Wunde des Klerus legen. So verrät ein Titel wie ‚Domina’ schon von sich aus seinen Inhalt, ‚Gaudete’ hingegen, der wohl der lustigste und beste Titel des Albums ist, fordert zum hinhören auf. Unter allerlei lateinischem Gesang erscheinen diverse Sexualpraktiken und auch Krankheiten, deren globales Thema die Aufforderung „freuet euch“ (lat. gaudete) ist. Das soundtechnisch beste Werk ist ‚Nachtfraß’, weil es neben den üblichen Gitarren, Dudelsackklänge und allerhand weitere Toninstrumente aus der Epoche zwischen Antike und Neuzeit involviert. Die Sprache ist diesmal das leichtverständliche Deutsch, so dass man diesmal sogar die Aussage des Trios mitbekommt. Dass man auch ohne Text unterhalten wird machen die Mönche mit ‚Schattentanz’ deutlich, welches durch seine Sackpfeife schon fast den Charme der Real McKenzies erhält. Die ‚Ballade von den 3 Sündern’ ist mehr eine Geschichte denn ein Lied. Der Erzähler berichtet von einem Raubmord und dem Ende der drei Täter auf Grund der Vollmondnacht, danach geht es noch einige Zeit instrumental weiter und bietet somit eine große Abwechslung.

Wer auf Mittelalter steht für den ist „Das erste Gebet“ bindend, aber auch wer ein bisschen Spaß in der Musik haben will und auf nicht ganz so harte Sachen wie Knorkator steht, der kann ruhig ein Ohr riskieren.

Winfried Bulach